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“Antibiotikaeinsatz transparent machen”

5. März 2012
Dr. H.-J. Goetz (Quelle: bpt)
Dr. H.-J. Goetz (Quelle: bpt)

QS führt ein Antibiotikamonitoring ein. Die Tierärzte sind  dabei wichtige Partner. Der Präsident des bpt – Bundesverband Praktizierender Tierärzte, Dr. Hans-Joachim Götz, äußert sich dazu im Interview:

Herr Dr. Götz, Ihren Berufskollegen wird von einigen Seiten vorgeworfen, zu viele Antibiotika zu verschreiben. Wie begegnen Sie diesem Vorwurf?
Der Einsatz von Antibiotika in der Nutztierhaltung wird zurzeit sehr kontrovers diskutiert. Die einfache Gleichung „intensive Tierhaltung und große Bestände gleich unkontrollierter und massenhafter Antibiotikagebrauch“ stimmt aber nicht. Das haben auch die Studien aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen gezeigt. Tatsache ist, dass Antibiotika nur zur Behandlung von bakteriellen Infektionskrankheiten nach tierärztlicher Diagnose und Anweisung zur Anwendung kommen dürfen. Diese Wirkstoffe zur Förderung der Mastleistung oder zur Vorbeuge gegen Infektionen einzusetzen, ist in Deutschland seit langem verboten. Um den sorgsamen Umgang mit antimikrobiellen Wirkstoffen in der Tiermedizin zu verstärken, hat der Berufsstand seit nunmehr fast 10 Jahren konkrete Handlungsempfehlungen in Form der Antibiotikaleitlinien ausgearbeitet. Sie bilden den Stand der Wissenschaft ab. Diese wie die strengen gesetzlichen Vorgaben des Arzneimittelgesetzes in Deutschland sind in Europa beispielhaft. Dennoch zeigen diese Vorwürfe an die Tierärzte, dass wir uns diesen Fragen stellen müssen und die Zusammenhänge zwischen Tierhaltung, Tiergesundheit, tierärztlicher Betreuung und natürlich auch den Einsatz von Antibiotika besser erklären müssen.

Auf der grünen Woche haben Sie für Ihren Verband mehr Transparenz und bessere Monitoringsysteme für den Einsatz von Antibiotika in der Nutztierhaltung gefordert. Wie stellen Sie sich das konkret vor?
Wenn die Hähnchenstudie aus NRW etwas gezeigt hat, dann das, dass eine flächendeckende Analyse des Antibiotikaeinsatzes aus der Dokumentation in den Bestandsbüchern der Betriebe möglich ist. Leider wurde das bisher noch nie durchgeführt und der ganze Dokumentationsaufwand schien nur für die Aktenordner zu sein. Wir müssen diese Daten transparent gestalten, damit wir selbst in der Urproduktion erkennen können: Wo steht die Branche und wo steht der einzelne Betrieb und Tierarzt in diesem System. Ist er schlechter als der Durchschnitt oder besser? Daraus ließe sich sehr schnell für den einzelnen Betrieb ein Handlungsbedarf ableiten. Risiken ließen sich schneller als bisher erkennen und beheben.
Wir brauchen solch ein Antibiotikamonitoring in den verschiedenen Produktionsbereichen, um uns selbst Transparenz zu gewähren und zwar so schnell als möglich. Dafür sind die Dokumentation in den AuA Belegen und die Daten aus dem landwirtschaftlichen Betrieb über die Tierzahlen die Datengrundlage. In der Auswertung sind vergleichbare Bezugsgrößen hinsichtlich der Wirkstoffgruppen und des Einsatzes unverzichtbar, um auch internationalen Vergleichen standhalten zu können. So etwas können nur die Beteiligten selbst, also Landwirte und Tierärzte, schnell und effizient leisten. Dieses Antibiotikamonitoring ist auch in diesem Bereich ein wirksames Instrument der Eigenkontrolle in der Lebensmittelproduktion.

Was macht gutes Gesundheitsmanagement auf den landwirtschaftlichen Betrieben aus?
Das Gesundheitsmanagement hat in der Nutztierhaltung eine Schlüsselrolle hinsichtlich Leistungsfähigkeit der Tiere, Tierschutz, Rentabilität des Betriebes und natürlich auch der gesellschaftlichen Akzeptanz der Tierhaltung. Es setzt die Zusammenarbeit von Tierhalter und dem bestandsbetreuenden Tierarzt voraus. Auch wenn die Verantwortung beim Landwirt liegt, bedarf er doch bei dem Gesundheitsmanagement seines Bestandes der regelmäßigen fachlichen Expertise des Tierarztes. Das heißt die Bestandsbetreuung muss langfristig angelegt sein und auf die Prävention von Erkrankungen und eine Verbesserung des Gesundheitsstatus des Bestandes ausgerichtet sein. Regelmäßige Bestandsbesuche mit Erfassung und Analyse der Situation im Betrieb, gemeinsame Zielvorgaben und die Evaluierung der durchgeführten Maßnahmen sind unerlässlich. Der bpt hat dazu Leitlinien für die Bestandsbetreuung erarbeitet.

Wie lässt sich der Antibiotikaeinsatz auf den Betrieben verringern?
Dies muss immer individuell im Betrieb geprüft werden und gerade dafür ist das Antibiotikamonitoring unabdingbar, da es Handlungsbedarf aufzeigen wird. Wir haben natürlich mit den Fachleuten uns schon im Vorfeld Gedanken gemacht und einige Maßnahmen ausgemacht, die zum Teil schon lange eingefordert wurden. Aber auch einige, die wir nun selbst mit der Wissenschaft angehen müssen. Jeder Keimeintrag birgt die Gefahr einer Infektion des Bestandes in sich und sollte konsequent vermieden werden. Das heißt, es gilt schon in den Herkunftsbetrieben chronische Infektionen zu sanieren und nur Tiere mit bekanntem Gesundheitsstatus einzustallen. Die Biosicherheitsmaßnahmen und die Hygienekonzepte im Mastdurchgang müssen optimiert werden. Äußerst erfolgreich bei der Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes, ist der Einsatz von Impfungen. Hier sind Gesetzgeber, Forschung und Impfstoffhersteller gefordert: Schädlich wäre eine Einschränkung des Einsatzes stallspezifischer Impfstoffe, wie sie angedacht ist. Aber auch die Haltungsbedingungen und Besatzdichten müssen kritisch beleuchtet werden, um hier Verbesserungen der Gesundheitssituation der Bestände zu erreichen. Dies sind natürlich nur einige wenige Maßnahmen und die Analyse des Monitoring wird uns nach meiner Meinung noch viele andere aufweisen.

Die Verbraucher haben Angst vor Resistenzen. Begriffe wie MRSA und ESBL machen in den Medien die Runde. Was versteckt sich dahinter? Müssen sich die Verbraucher sorgen machen?
Die Entstehung von Resistenzen von Bakterien gegen Antibiotika und deren Selektion und Verbreitung sind ein schwer wiegendes Problem in Human- und Tiermedizin. International ist die Situation in der deutschen Tiermedizin, wie man der GERMAP entnehmen kann, ernst – aber nicht außer Kontrolle. Alle sind sich der Verantwortung bewusst und stehen hinter der Deutschen Antibiotikaresistenzstrategie DART. Die Begriffe MRSA und ESBL werden nun aber in den Medien und in manchen politischen Diskussionen zu absoluten Killerbakterien, denen der Mensch hilflos ausgeliefert ist. Diese Emotionalisierung der Problematik ist nicht hilfreich, denn durch die sachlich falsche Schuldzuweisung in den bäuerlichen Stall und die Tiermedizin wird eine Lösung des Resistenzproblems eher behindert als befördert. MRSA und ESBL Keime kommen inzwischen überall vor und das lässt sich auch nicht vermeiden. Wie und wo sie entstanden ist kaum nachvollziehbar. Sicher ist allerdings, dass sie durch den Einsatz von Antibiotika in der Medizin und in der Tiermedizin selektiert werden. Gefährlich werden sie aber erst durch Infektionen durch Hygienemängel in der Krankenversorgung und da sind besonders Schwerkranke, ältere Menschen und Kleinkinder gefährdet. In den Niederlanden hat man dieses Problem durch konsequente Hygienemaßnahmen in den Krankenhäusern in kurzer Zeit um zwei Drittel reduzieren können.

Aus dem QS-System Antibiotikamonitoring, Interview, Tiergesundheit

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