Die aktuelle Berichterstattung in den Medien zeigt: das Thema Antibiotika in der Tierhaltung ist Anlass zur Besorgnis. Die Wirtschaft nimmt diese Besorgnis ernst und bringt im Rahmen des QS-Systems ein Antibiotikamonitoring auf den Weg.
Auch wenn die Diskussion über praktische Details nicht abgeschlossen ist, stehen die Eckpunkte des Monitoringprogramms bereits fest.
Hier ein Auszug aus der QS-Pressemitteilung vom 11.01.2012:
- Alle Tierhalter im QS-System dürfen künftig nur noch Antibiotika von Tierärzten beziehen, die im QS-System registriert sind und sich zur Meldung der Antibiotikaverschreibungen gegenüber QS verpflichtet haben.
- Die Tierärzte geben alle relevanten Daten zum Antibiotikaeinsatz, wie Verschreibungs- und Anwendungsdatum, Arzneimittel, Menge und Dauer der Behandlung, in die Datenbank ein.
- Nach Vorliegen einer belastbaren Datengrundlage und Beurteilung durch Experten wird QS gemeinsam mit den Fachbeiräten Kategorien festlegen, in die Betriebe je nach Höhe des Antibiotikaeinsatzes eingestuft werden.
- Betriebe mit erhöhtem Antibiotikaeinsatz werden verpflichtet, sich nach einem abgestuften Maßnahmenplan durch ihren Hoftierarzt und externe Fachleute zum Beispiel über Schritte zur Verbesserung ihres Hygienemanagements beraten zu lassen. Bleibt der Erfolg aus, können Sanktionsmaßnahmen verhängt und erhöhte Auflagen bestimmt werden.
- Nach Erfassung der Stammdaten nimmt das Antibiotikamonitoring im April 2012 mit der Erfassung aller Antibiotikaverschreibungen seinen Betrieb auf. Das betrifft alle 3.800 QS-zertifizierten Geflügelhalter im In- und Ausland. Im Laufe des Jahres wird das System auf die 43.000 Schweinehalter im QS-System ausgedehnt.
- Die kumulierten Daten werden nach verschiedenen Aspekten und unter Beachtung des Datenschutzes ausgewertet, um eine fachgerechte Darstellung der tatsächlichen Situation zu erreichen und Transparenz für Wirtschaft und amtliche Kontrolle zu schaffen.
Das Monitoringprogramm wird durch die Erfassung des Antibiotikaeinsatzes eine Vergleichsbasis (Benchmark) schaffen: Tierhalter und Tierärzte erkennen anhand der Daten und geeigneter Auswertungen Handlungsbedarf. Geflügel- und Schweinehalter mit einem überdurchschnittlichen Einsatz antimikrobieller Medikamente sind aktiv gefordert ihr Gesundheitsmanagement zu verbessern, um künftig mit weniger Antibiotika auszukommen. Für Verbraucher wird das blaue QS-Prüfzeichen künftig auch eine Orientierungshilfe für einen verantwortungsbewussten, minimierten Medikamenteneinsatz in der Tierhaltung sein.
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8 comments on “Eckpunkte des QS-Antibiotikamonitorings”
Als Verantwortlicher eines Beratungsringes im Bereich Schweinehaltung bin ich von Anfang an Befürworter und Förderer des QS Systems.
Die Einrichtung einer AB Datenbank halte ich für ausgesprochen überflüssig und kontraproduktiv:
(1) Die Teilnehmer sind gesetzlich zu entsprechenden Aufschreibungen verpflichtet
(2) Die AuA Belege werden mindestens alle drei Jahre intensiv von Ihren Mitarbeitern geprüft (der normale Erzeuger nur nach dem Zufallsprinzip)
(3) Tierhalter haben ein großes Interesse, mit Medikamenten (kosten) sparsam umzugehen, der betreunde Tierarzt sollte es haben. Die Auswertungen der Erzeugerringe zeigen, dass dies auch tatsächlich geschieht.
(4) Tierhalter und Tierarzt schließen einen Betreuungsvertrag, der insbesondere den Tierarzt dazu verpflichtet, mit Medikamenten sparsam umzugehen und bei Abweichungen tätig zu werden. Auch die Schweinehaltungshygiene VO verpflichtet beide bei Überschreitung gewisser Grenzwerte tätig zu werden.
Außenstehenden ist es (nahezu) unmöglich, Entscheidungen und Maßnahmen des TA aus der Retroperspektive richtig zu beurteilen (alle “AM Urteile zeigen dies)- auch hier werden manchmal/ oft adhoc Entscheidungen getroffen (Tierschutz fordert zum Handeln!)
(5) die Mehrarbeit liegt beim Tierarzt, letztendlich werden Kosten produziert, die auf den Tierhalter abgewälzt werden.
(6) Systemteilnehmer, die jetzt betrügen, werden auch zukünftig betrügen- die Neuerung bringt keinen Mehrgewinn für mich als/ die Verbraucher
(7) nicht abwegig ist der Gedanke, dass hier eine einzigartige Datenbank von Bauernhand geschaffen wird, deren Inhalte vom Gesetzgeber am Ende gegen ihn verwandt werden können; meines Wissens gibt es keine offizielle Erhebung über den Einsatz von AB in den einzelnen Sparten der tierischen Veredelung. Technokraten und Bürokraten könnten mit diesen Zahlen (und sie werden offengelegt werden!) am grünen Tisch NL noch toppen und einfach 2/3 Reduktion fordern
(8) die Umsetzung könnte dazu führen, dass Tierhalter und Berater sich aus einem guten System verabschieden
Abhilfe:
der Einsatz von AB bleibt im Vertrauensbereich von TA und Tierhalter
Ihre Auditoren erhalten eine Software, mit der sie die kontrollierten Aufschreibungen auswerten können
Auditoren sind zukünftig gut ausgebildete Fachleute (Ing. u.a.)
Verstöße, die nachweislich dem TA bekannt waren oder von ihm (mit) verursacht sind, haben auch für diesen Konsequenzen
die TÄ Kammer wird verpflichtet hier schulend und maßregelnd tätig zu werden
Vielen Dank für die ausführlichen Anmerkungen.
Es ist richtig, dass für Landwirte und Tierärzte eine Dokumentationspflicht für die Verschreibung und Anwendung von Arzneimitteln –somit auch Antibiotika – besteht. Die vollständige und ordnungsgemäße Dokumentation dazu wird in den QS-Audits überprüft.
Über den Einsatz von Antibiotika in der Landwirtschaft wird gerade in den letzten Wochen viel berichtet. Über die eingesetzten Mengen an Antibiotika wird viel spekuliert, verlässliche Zahlen gibt es nicht. Hier hat die Wirtschaft die Initiative ergriffen, in eigener Verantwortung verlässliche Daten zu erheben und daraus geeignete Schlüsse zu ziehen. Die Wirtschaft setzt hier auf eine wirtschaftsgetragene Lösung nach dem Vorbild der Salmonellendatenbank für Schweinemastbetriebe.
Die Studien in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen haben gezeigt, dass der Umfang des Antibiotikaeinsatzes in den landwirtschaftlichen Betrieben sehr unterschiedlich erfolgt und einer großen Spreizung nach Häufigkeit und Menge unterliegt. Ziel des Antibiotikamonitorings ist es, die Betriebe zu identifizieren, die häufiger oder mehr Antibiotika einsetzen und dadurch Handlungsbedarf erkennen lassen. Über eine gezielte Beratung soll nach Möglichkeiten gesucht werden, den Antibiotikaeinsatz zu optimieren. Eine Forderung nach einer prozentualen Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes über alle Betriebe oder auch jedes einzelnen Betriebes gibt es nicht und ist auch nicht Ziel des Monitorings. Es besteht Konsens über alle an der Fleischproduktion beteiligten Stufen, dass Antibiotika zum Gesundheitsmanagement eines tierhaltenden Betriebes gehören.
Hallo Herr Meyer!
Sie schreiben “Eine Forderung nach einer prozentualen Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes über alle Betriebe oder auch jedes einzelnen Betriebes gibt es nicht und ist auch nicht Ziel des Monitorings.” das ist so auch gut. Ich befürchte aber, dass eine erst einmal installierte Datenbank auch genutzt wird- ich bin überzeugt, die geäußerten Bedenken sind berechtigt.
Und: eigentlich sollte der Tierarzt aufgrund seiner Ausbildung (wir reden im Schweinebereich ja von “Fachtierärzten”) in der Lage sein, unabhängig von eigenen finanziellen Interessen, auftretende Probleme zeitnah zu lösen. Was spricht dagegen, den beschriebenen Weg zu gehen, und das Team “Landwirt- Tierarzt” stärker in die Pflicht zu nehmen. Die Betriebe müssen eigentlich nicht identifiziert werden, sie sind doch bekannt!- zumindest dem betreuenden Tierarzt. Wer hier übermäßig “verschreibt”, wrd sich doch nicht in einer Datenbank “outen”! Einzelgfälle, die im Rahmen eines QS Audits oder einer Fachrechtskontrolle aufgedeckt werden, müssen auch unter Hinzuziehung des verantwortlichen (!) Hoftierarztes aufgearbeitet werden. Einen Dritten hinzuziehen, dér den Betrieb und die Abläufe erst kennenlernen muss, halte ich in den meisten Fällen nicht für zielführend.
Unterstützend kann hier auf die Fachtierärzte des Schweinegesundheitsdienstes/ der Veterinärgesellschaften und die Kontrollfunktion der Veterinärämter und der Bundestierärzteschaft zurückzugreifen?
Und: Gerade auf der Grünen Woche gibt es wieder gehäuft plakative und verallgemeinernde und die Gesamtheit der Branche verunglimpfende Äußerungen.
Was ich mir wünsche: dem entgegen ein gesundes Selbstbewusstsein aller an der Kette “Fleischproduktion” Beteiligten bezüglich der produzierten Qualität : wir produzieren gesunde Lebensmittel. Eine differenzierte Betrachtungsweise wie von Ihnen dargestellt, ist bitter notwendig: ja, es gibt auch bezüglich Antibiotikaeinsatz in Einzelfällen Verbesserungsbedarf, aber in der überwiegenden Mehrzahl können die Verbraucher mit Fleisch aus deutscher Produktion sicher sein.
Gruß Martin Fries
Vielen Dank für die vielen Hinweise und Argumente, die Sie uns mit auf den Weg geben. Wir freuen, wenn sich die Praxis zu Wort meldet. Ich denke, Landwirt und Tierarzt stehen gleichermaßen in der Pflicht, das Gesundheitsmanagement auf den Betrieben zu optimieren. Das beschränkt sich nicht allein auf den Antibiotikaeinsatz, da sind wir uns sicher einig. Bei dem geplanten Monitoring geht es allerdings auch darum, eine belastbare Datengrundlage zu schaffen, um eine fachgerechte Darstellung der tatsächlichen Situation zu erreichen und Transparenz zu schaffen (s. Eckpunkte zum Antibiotikamonitoring). Daten werden dabei nicht ohne Zustimmung weitergegeben. Wenn Missstände aufgedeckt werden, müssen diese auch behoben werden.
Als Ferkelerzeuger und Schweinemäster verliere ich langsam die Lust an meinem Beruf, wenn ich sehe, was uns von QS und der Politik alles auferlegt wurde und werden soll. Es reicht langsam!
Ich glaube Ihnen ist nicht bewusst, dass durch diese Maßnahmen selbst diejenigen, die mit Leib und Seele in der Landwirtschaft arbeiten, auf deutsch gesagt “Die Schnautze voll haben”!
Wer soll nach Ihrer Meinung nach die Kosten für die Datenerfassung des Tierarztes übernehmen und welche Konsequenzen hinsichtlich der Erlöse pro Tier hat eine schlechtere Einstufung für den Landwirt? Letztendlich wird wohl der Landwirt die Kosten tragen müssen und es wird sich somit die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber unseren europäischen und internationalen Konkurrenten weiter verschlechtern.
Warum muss für die Erhebung des Antibiotikaeinsatzes in Deutschland auf die Daten der einzelnen Betriebe zurückgegriffen werden (Datenschutz?)? Wäre es nicht ausreichend, die Menge an verschriebenen Antibiotika und die betreuten Tiere auf Ebene der Tierärzte zu erfassen? Sollte dann ein übermäßiger Antibiotikaeinsatz gegenüber anderen europäischen Ländern festgestellt werden, können immer noch Daten auf einzelbetrieblicher Ebene erfasst werden.
Hinsichtlich der Verbesserung des Hygienemanagements werden die Betriebe bereits jetzt durch den betreuenden Tierarzt, TGD in Bayern sowie externen Beratern (z.B. LKV) regelmäßig beraten.
Den Vorstoß von QS zur Erfassung der Daten auf einzelbetrieblicher Ebene halte ich nicht für nötig, da die Erhebung des Antibiotikaeinsatzes in Deutschland auch anders möglich ist. Ebenfalls sind die negativen Folgen für den einzelenen Landwirt durch diese Datenbank nicht absehbar.
Vielen Dank für Ihre Anmerkungen, auf die ich hier gerne eingehe. Das Antibiotika-Monitoring im QS-System ist eine Initiative der Wirtschaft insgesamt. Sicher stimmen Sie zu, dass das Thema Antibiotikaresistenzen zu ernst ist, um es zu ignorieren.
Beim QS-Antibiotikamonitoring geht aber nicht darum, Antibiotika generell zu verurteilen, sondern vielmehr darum, sie effizient einzusetzen. Richtig ist, dass unter der Regie von QS eine Datenbank aufgebaut wird, mit der die Antibiotikagaben Antibiotikaverschreibungen des Tierarztes auf den Betrieben erfasst werden sollen. Weil die Fachbeiräte bei QS über die Durchführung des Monitorings mitbestimmen, ist sichergestellt, dass die Belange der Praxis bestmöglich berücksichtigt werden können.
Die Datenerfassung beim Monitoring ist zweitgeteilt: Zuerst sollen die Stammdaten der Betriebe erfasst werden, was direkt aus der QS-Softwareplattform erfolgen kann. Danach geben die Tierärzte die Details zu den Verschreibungen von Antibiotika ein – analog zum Arzneimittelnachweis. Die Daten sind nötig, um aussagekräftige Auswertungen vorzunehmen. Für Sie als Landwirt ist dabei vielleicht von Interesse, wie Sie im Vergleich mit den Berufskollegen abschneiden. Als Landwirt mit Leib und Seele brauchen Sie diesen Vergleich nicht zu scheuen. Dafür schafft die Datenbank eine belastbare Grundlage. Der Datenschutz steht in diesem Zusammenhang ganz oben auf der Prioritätenliste: Es werden keine Daten ohne Zustimmung der Beteiligten weitergegeben. Das hat QS immer wieder betont.
Bundestagsabgeordnete empfhiehlt Fleisch immer gut durchbraten.
http://rundertischdgf.wordpress.com/2012/02/17/fdp-abgeordneter-rat-fleisch-gut-durchbraten/
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